Der Business-Veranstal­tungs­­markt

Kongresse, Tagungen und Seminare fungieren für Politik, Unternehmen und Organisationen als Brücke zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Dabei liegt auch ein wesentlicher Blickpunkt auf nationaler und internationaler Vernetzung. Der Wirtschaftssektor trägt somit wesentlich zum Bild des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorts bei. (Austrian Convention Bureau & Österreich Werbung, 2022, S. 3)

Inhaltsverzeichnis

Zahlen, Daten & Fakten: Analog, Hybrid und Digital

Mehr als eine halbe Million Teilnehmer und Teilnehmerinnen besuchten im Jahr 2021 die knapp über 10.400 Kongresse, Tagungen und Seminare in Österreich. Dabei hatten die 811.000 Nächtigungen dieser Veranstaltungen der MICE-Industrie, welche durchschnittlich rund zwei Tage dauerten, einen Anteil von 1% aller Tourismusnächtigungen in Österreich. Während lediglich ein Viertel der Events Kongresse waren, gehörten 70% der gesamten Nächtigungen und 50% der gesamten Teilnehmer und Teilnehmerinnen zu ihnen. Ein Drittel der Veranstaltungen in Österreich wurde in der Landeshauptstadt Wien durchgeführt. (Austrian Convention Bureau & Österreich Werbung, 2022, S. 5f)

Nachdem im Jahr 2020 rund 8.500 Kongresse, Tagungen und Seminare durchgeführt wurden, ergibt dies im Jahr 2021 ein Plus von 21,6%. Auch Teilnehmer und Teilnehmerinnen, sowie Nächtigungen konnten jeweils über 10% gesteigert werden. (Austrian Convention Bureau & Österreich Werbung, 2022, S. 7)

Mit 89.000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen und über 1.200 Kongressen (46% der gesamten Kongresse) waren Versammlungen zum Thema „Wirtschaft & Politik“ am populärsten. Dahinter folgte die „Humanmedizin“ mit 466 Kongressen und über 62.000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen. (Austrian Convention Bureau & Österreich Werbung, 2022, S. 28)

Im Jahr 2021 wurden in Österreich lediglich 3,57% der Veranstaltungen aus den Kategorien Kongress, Tagung und Seminar hybrid abgehalten. Dabei wurden nur Events in die Statistik aufgenommen, bei denen mehr als zehn Personen vor Ort anwesend waren. In Wien wurden bereits fast 8% der Veranstaltungen als hybrid für die Statistik gemeldet. 61,7% der hybriden Veranstaltungen waren Kongresse, 35,5% Tagungen. Nur zehn Seminare wurden hybrid durchgeführt. Die Statistik zu hybriden Events wurde 2021 zum ersten Mal erhoben, wodurch zwar keine Vergleichbarkeit möglich ist, aber die Wichtigkeit dieser Veranstaltungsform bestätigt wird. (Austrian Convention Bureau & Österreich Werbung, 2022, S. 15f)

Der Videostreaming-Markt befindet sich spätestens seit Beginn der Pandemie mit ihren Lockdowns in einem immensen Wachstum. Der globale Markt im Bereich des Videostreamings hat ein erwartetes Volumen von über 330 Milliarden Dollar im Jahr 2030. Dies entspricht einer jährlichen Steigerung über 20%. (Grand View Research, 2022)

In einer im Jahr 2020 in Deutschland durchgeführten Online-Umfrage zeigt sich, dass der Kostenanteil von Präsenzveranstaltungen in diesem Jahr 49% des Gesamtbudgets von Unternehmen in Anspruch genommen hat. Somit wurden in hybride Veranstaltungen (21%) und virtuelle Veranstaltungen (30%) in Summe knapp mehr als die Hälfte des Gesamtbudgets investiert. (German Convention Bureau, 2021)

Eine 2021 durchgeführte Befragung von Personen des höheren Managements von Unternehmen in Deutschland hat sich mit der Entwicklung des Anteils der Ausgaben für verschiedenen Veranstaltungstypen im Gesamtmarketingbudget der nächsten Jahre befasst. Dabei sollen bei rund einem Viertel der befragten Personen das Budget für physische Konferenzen und Kundenevents sinken. 29% hingegen wollen diese Ausgaben erhöhen. Ein drastischeres Bild zeichnet sich bei Messen, wo lediglich 23% der Teilnehmer und Teilnehmerinnen das Budget erhöhen, hingegen 39% der Befragten die Ausgaben reduzieren wollen. Bei einem Blick auf die digitalen bzw. hybriden Angaben zeigt sich das Potenzial des Marktes – über die Hälfte der teilnehmenden Personen gaben an, dass die Ausgaben für digitale und hybride Konferenzen bzw. Kundenevents steigen werden. Ebenso wollen 41% die Ausgaben für digitale und physische Messen erhöhen. Nur 13%, respektive 16% der befragten Personen gaben an, dass die Ausgaben reduziert werden. (Bitkom, 2021)

Auswirkungen der COVID-19 Pandemie

Die Corona-Pandemie hat seit März 2020 das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Österreich maßgeblich beeinflusst. Waren anfangs nur Großveranstaltungen betroffen, wurden wenige Tage später mit dem ersten Lockdown sämtliche Veranstaltungen untersagt. Ein auf und ab folgte, drei (in manchen Teilen Österreichs vier) Lockdowns später gab es große Unsicherheit in der Branche. Erst die Impfungen brachten ein wenig Lockerung und eine Perspektive für Events. (Lockdowns und Lockerungen, 2021)

Anhand der Statistiken lässt sich der pandemiebedingte massive Einbruch der geschäftlichen Veranstaltungsbranche in Österreich feststellen. Während im Jahr 2019 noch über 25.000 Kongresse, Tagungen und Seminare durchgeführt wurden, waren es 2020 nur mehr rund 8.500. Die Nächtigungen fielen von fast 3,4 Millionen auf 721.000 und auch die Teilnehmer und Teilnehmerinnen gingen von über 1,7 Millionen auf unter 450.000 zurück. Das ist ein Einbruch um fast 79% bzw. 74,5%. (Austrian Convention Bureau & Österreich Werbung, 2022, S. 7)

Im Oktober 2020, mehr als ein halbes Jahr nach dem ersten Lockdown, wurde ein eigener „Schutzschirm“ in Höhe von 300 Millionen Euro an Haftungen für die Veranstaltungsbranche beschlossen. Dabei war vorgesehen, dass der Bund nicht stornierbare Kosten übernimmt. Dies sollte der Eventbranche Planungssicherheit bieten und so auch den Tourismus wieder stärken. (Parlament Österreich, 2020)

Experten gingen Mitte 2021 davon aus, dass der Markt mindestens noch zwei bis drei Jahre benötigen würde, um wieder das volle Volumen zu erreichen, da größere Veranstaltungen wie Kongresse lange Vorlaufzeiten mit sich bringen. 2020 war die Branche auf dem Weg in ihr bestes Jahr, innerhalb von zwei Wochen war das Gegenteil Realität. Auch Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen waren stark vom Lockdown der Veranstaltungen betroffen, viele haben mittlerweile die Sparte gewechselt. Nachdem Vor-Ort-Events nicht mehr möglich waren, wurden Alternativen geschaffen. Das Potenzial von Event-Livestreams sowie hybriden Events wurde erkannt und viele Veranstaltungen konnten trotz analoger Abwesenheit von Teilnehmern und Teilnehmerinnen durchgeführt werden. Laut Expertenmeinungen könnte die Pandemie der Branche in Hinsicht auf die Digitalisierung mehrere Jahre Fortschritt und Innovation in kurzer Zeit gebracht haben. (Müllner, 2021)

Neben Veranstaltungen war auch der gesamte Fortbildungssektor von den Auswirkungen der Pandemie betroffen. Die zuvor abgehaltenen Präsenzveranstaltungen mit Vortragenden und Zuhörenden waren plötzlich nicht mehr möglich. Organisationen, die persönliche und berufliche Weiter- und Fortbildungen angeboten haben, mussten innerhalb kürzester Zeit den Betrieb umstellen. In einem Paper von Forschenden der Aalborg University in Dänemark ist beschrieben, dass durch die Pandemie der operative Betrieb drastisch umgestellt wurde und dies die digitale Transformation einer Fakultät maßgeblich beschleunigt hat. Anfangs als Krise gesehen, wurde der Change-Prozess in Bezug auf Online-Lehrpraxis bald positiv betrachtet. Die Daten zeigen, dass trotz ungeplanter Umstellung der Transformationsprozess weitergeführt und digitale Lehrmethoden auch nach der Pandemie integriert werden können. Lehrende und Studierende haben von positiven Erfahrungen in Bezug auf digitale Möglichkeiten berichtet und zeigen erhöhtes Interesse an digitaler Lehre. Die Universität hat außerdem festgelegt, dass künftig gemischte Lehrmethoden angewandt und 25% der Inhalte digital gelehrt werden sollen. Somit ist eine langfristige Auswirkung der Digitalisierung feststellbar. (Madsen et al., 2020, S. 11)

Dabei wird in einer weiteren Forschung die Wichtigkeit von Livestreaming und der damit einhergehenden Interaktion in der digitalen Lehre hervorgehoben. Die fehlende Interaktion ist meist das größte Problem einer online-basierten Lehre, da Lehrende den Fortschritt von Studierenden nicht nachverfolgen können. Mittels Livestream können mehrere Methoden angewendet werden: neben der eigentlichen Wissensvermittlung sind auch das Testen von Inhalten und ein Frage/Antwort-Teil möglich. Es konnte festgestellt werden, dass Studierende dem digitalen Lehrmodell positiv gesinnt sind und dass Testergebnisse besser ausfallen als jene von „traditionell unterrichteten“ Studierenden in der Vergangenheit. (Ping et al., 2020)

Eine 2021 veröffentlichte US-Amerikanische Studie zur virtuellen Ausbildung medizinischer Studenten hat ebenfalls festgestellt, dass sich durch diese Durchführungsart zahlreiche Vorteile ergeben. Neben verringerten Kosten der Ausbildungsprogramme waren Studenten flexibler und konnten an mehreren Programmen gleichzeitig teilnehmen. Die Teilnahme an Programmen anderer Bildungseinrichtungen und deren Vernetzung sind vereinfacht möglich. Gesamt war das Feedback der teilnehmenden Studenten und Studentinnen mit übertroffenen Erwartungen sehr positiv. Es wird aber ebenfalls angemerkt, dass noch unklar ist, wie sich diese Euphorie und die Vorteile langfristig auswirken, wenn Reisebeschränkungen und sonstige Restriktionen wegfallen und ein regulärer Lehrbetrieb wieder möglich ist. (Ottinger et al., 2021)

In unserem nächsten Beitrag sehen wir uns verschiedene Veranstaltungsarten im Business-Bereich an. Welche Formate gibt es? Und welche sind grundsätzlich für die hybride Durchführung geeignet?


Austrian Convention Bureau & Österreich Werbung (Hrsg.). (2022). Meeting Industry Report Austria 2021.

Bitkom. (2021, Oktober 7). Wie wird sich der Anteil der Ausgaben im Gesamtmarketingbudget für Messen und Events für die kommenden Jahre entwickeln? Statista.

German Convention Bureau. (2021, Mai 31). Veranstaltungen: Budgetanteil je Durchführungsart 2020. Statista.

Grand View Research. (2022, April). Video Streaming Market Worth $330.51 Billion By 2030.

Lockdowns und Lockerungen: Chronologie der Pandemie | Kleine Zeitung. (2021, November 5).

Madsen, S., Haslam, C., & Nielsen, J. (2020). Accelerated Digital Transformation: The Case of The Online University Caused By Covid-19. Selected Papers of the IRIS, Issue Nr 11 (2020).

Müllner, H. (2021, Juni 27). Corona-Hilfen: Die Veranstaltungsbranche kämpft ums Überleben. Tiroler Tageszeitung Online.

Ottinger, M. E., Farley, L. J., Harding, J. P., Harry, L. A., Cardella, J. A., & Shukla, A. J. (2021). Virtual medical student education and recruitment during the COVID-19 pandemic. Seminars in Vascular Surgery, 34(3), 132–138.

Parlament Österreich. (2020, Oktober 14). Nationalrat: Schutzschirm mit 300 Mio. € Haftungen für Veranstaltungsbranche einstimmig beschlossen (PK-Nr. 1033/2020) | Parlament Österreich.

Ping, Z., Fudong, L., & Zheng, S. (2020). Thinking and Practice of Online Teaching under COVID-19 Epidemic. 165–167.

Beitrag veröffentlicht von:

Christopher Zajac, MSc

Geschäftsführer & Partner bei oneand.online