Hybride und digitale Events

Livestreams und digitale Teile bei Veranstaltungen existieren seit vielen Jahren. Bereits 2012 wurde in einer Forschung beschrieben, wie eine reale mit einer virtuellen Konferenz über einen digitalen Raum mit Avataren verbunden werden kann. Dabei wurde z. B. festgestellt, dass das Aussehen der Avatare und damit der visuelle Aspekt ein viel geringerer Faktor ist als gute Audioqualität. (Surendernath et al., 2012)

Wie in unserem Beitrag zum Veranstaltungsmarkt beschrieben, erlebten digitale und hybride Veranstaltungen durch den pandemiebedingten Wegfall von Präsenzveranstaltungen einen regelrechten Boom. Videokonferenzen waren in sämtlichen Altersgruppen in den Alltag integriert und sind seitdem ubiquitär. Im folgenden Beitrag soll näher auf hybride Events und verschiedene digitale Veranstaltungsformate eingegangen werden.

Inhaltsverzeichnis

Definition: „Hybrid-Event“

Da in der Literatur unterschiedliche Definitionen zu Hybrid-Events existieren, geben folgende Beschreibungen exemplarisch einen Überblick des Begriffes.

„Als Basiskomponente eines jeden Hybrid Events dient das klassische Event als realer, dialog- und erlebnisorientierter Raum für Kommunikation zwischen Unternehmen, Marken und ihren Interessengruppen. Die zweite Komponente setzt sich aus allen neuzeitlichen Kommunikationskanälen, Technologien und Geräten zusammen, die Menschen heute nutzen, um miteinander in Verbindung zu treten (Leitinger 2013 und Luppold 2011).“

Dams & Luppold, 2016, S. 1

„Wird ein lokal stattfindendes Event um virtuelle Elemente erweitert, entsteht ein Hybrid-Event. Hybrid-Events erlauben eine überproportionale Erweiterung der Teilnehmer einer Veranstaltung durch die Nutzung möglichst vieler Onlinekanäle. Vorträge und Reden werden weltweit über Livestreaming und Webcasts übertragen und Informations- und Erfahrungsaustausch wird möglich, ohne leibhaftig am Veranstaltungsort anwesend zu sein.“

Ostermayer, 2017, S. 703

„Hybride Events sind Events, bei denen ein klassisches (physisches) Event mit Social Media Maßnahmen kombiniert wird (Zanger 2014). Selbstverständlich kann anstatt der internetbasierten Kanäle (YouTube …) auch das Fernsehen genutzt werden.“

Holzbaur, 2016, S. 100

„Hybride Veranstaltungen und Konferenzen stellen eine Kombination aus einer realen Veranstaltung und beliebig vielen virtuellen Komponenten dar (o. V. 2014). Da hybride Konferenzen sowohl physische als auch virtuelle Elemente der Kommunikation miteinander verbinden, können Teilnehmer ihrer sowohl real als auch virtuell beiwohnen (o. V. 2015c).“

Mildenberger & Burger, 2017, S. 143

Die vermutlich älteste Version einer Veranstaltung, die als „hybrid“ bezeichnet werden kann, ist das klassische Fernsehen. Ein live an einem bestimmten Ort abgehaltenes Event wird aufgezeichnet und meist asynchron an Zuseher und Zuseherinnen an anderen Orten ausgespielt. Wenn wir von „hybriden Events“ sprechen, werden diese allerdings als Live-Erlebnis mit gleichzeitiger Live-Übertragung verstanden. (Röthlisberger, 2017, S. 77ff)

Hybrid-Events sind somit die Kombination aus einem physischen Live-Event und einer digitalen bzw. virtuellen Komponente. Je nach Definition kann letztere aus Kommunikationskanälen, wie Social Media, oder aus einer Medienübertragung bestehen. Digitale Kommunikation begleitet die Veranstaltung zuvor, währenddessen und danach. Auch digitale Interaktionsmöglichkeiten sind Teil von hybriden Veranstaltungen. Kern einer hybriden Veranstaltung ist das Live-Event, wobei „live“ in diesem Rahmen als Synonym für ein Event im „klassisch-realen Raum“ verwendet wird. (Luppold, 2021, S. 16)

Für unseren Gebrauch werden Hybrid-Events als Veranstaltungen mit Livestream-Übertragung und damit einhergehenden digitalen Interaktionsmöglichkeiten definiert. Teilnehmer und Teilnehmerinnen haben die freie Wahlmöglichkeit, ob sie digital oder vor Ort persönlich teilnehmen wollen.

Hybride und digitale Eventformate

Es gilt als erwiesen, dass hybride Erweiterungen von Veranstaltungen wirkungsvoll sind. Da das Investment sich oft bezahlt macht, wurden stetig mehr oder weniger neue hybride Konzepte entwickelt. Durch hybride Event-Bestandteile steigt die Chance, dass sich Teilnehmer und Teilnehmerinnen intensiver und gründlicher mit den kommunizierten Botschaften und Inhalten auseinandersetzen. Dies sorgt auch dafür, dass diese digital erweiterten Veranstaltungen Teilnehmer und Teilnehmerinnen mehr in ihren Bann ziehen als klassische Live-Events. Je mehr sich Besucher und Besucherinnen beteiligen und mitwirken können, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie über Onlinekanäle mit Veranstaltern und Veranstalterinnen interagieren. (Luppold, 2021, S. 16f)

Die Nachfolgende Grafik laut Zanger (2022, S. 30) stellt übersichtlich dar, welche Veranstaltungsarten sich für welche Durchführungsart eignen könnten. Zu sehen ist, dass Events mit großer Emotionalität eher physisch durchgeführt werden sollten, während die Digitalisierung bei zunehmender Rationalisierung besser umsetzbar ist.

Hybridisierungseignung von Event- und Messeformaten (Zanger, 2022)

Folgend sollen einige der populärsten Eventformate mit hybrider Ausprägung genauer betrachtet werden.

Hybrid-Kongresse

Neben der Abhaltung als physisches Live-Event, können Kongresse, wie in unserem letzten Beitrag definiert, auch volldigital oder hybrid durchgeführt werden. Durch multidirektionale Technikunterstützung werden bei digitalen Kongressen Interaktion, Kommunikation und Kollaboration in Echtzeit geboten. Dabei können sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen über Online-Kongressplattformen in zwei- oder gar dreidimensionalen virtuellen Räumen begegnen. Mittels Chat-, Video- und weiteren Medienfunktionen, sowie Social Media, können geografische und sprachliche Barrieren überbrückt werden. (Mildenberger & Burger, 2017, S. 142f)

Wird ein physischer Kongress um eine digitale Komponente erweitert, handelt es sich um einen Hybrid-Kongress. Nachdem ein Teil des Publikums vor Ort und der andere Teil digital teilnimmt, findet bei dieser Eventform eine räumliche Trennung der Zuseher und Zuseherinnen statt. Fragen können sowohl von physisch anwesenden als auch von online zugeschalteten Teilnehmern und Teilnehmerinnen gestellt werden. Mittels digitaler bidirektionaler Live-Zuschaltung können Präsentationen und Publikumsfragen dem Auditorium auch von einer externen Räumlichkeit aus vorgetragen können. Durch Kombination von analogen und digitalen Komponenten entstehen Synergieeffekte, da das komplette Spektrum der Kommunikationsmöglichkeiten genutzt werden kann. (Mildenberger & Burger, 2017, S. 143)

Durch die Integration mobiler Endgeräte in den Alltag ist ein weiterer positiver Aspekt in hybriden Kongressen der Einsatz von Kongress-Apps oder -Websites. Über diese Applikationen können Teilnehmer und Teilnehmerinnen untereinander, aber auch mit den Vortragenden und dem Organisationsteam kommunizieren. Dies steigert die Chance von qualitativen Treffen im Rahmen der Kongresse. Weitere Möglichkeiten der Apps beinhalten den Abruf des Livestreams, des Programmes, von Informationen über Vortragende, des Arealplanes, sowie die Partizipation bei Live-Abstimmungen. (Knoll, 2016b, S. 5)

Ein weiterer Vorteil von einem digital oder hybrid durchgeführten Kongress ist eine optionale On-Demand-Bereitstellung für Interessierte, die zum Zeitpunkt der Durchführung verhindert waren. Dabei wird der Videostream der gesamten Veranstaltung aufgezeichnet und anschließend über eine Videostreaming-Plattform (z. B. YouTube oder Vimeo) für Teilnehmer und Teilnehmerinnen bereitgestellt. Die Inhalte können mit zusätzlichen Informationen zu Präsentationen oder Vortragenden angereichert werden. Unabhängig von Zeit und Ort können Zuseher und Zuseherinnen so den Kongress im Nachhinein (erneut) ansehen. So kann der Kongress auch Monate oder Jahre nach der Durchführung noch für Kommunikationsmaßnahmen genutzt und vermarktet werden. (Mildenberger & Burger, 2017, S. 148)

Webinare

Beim Begriff „Webinar“ handelt es sich um ein Kofferwort aus „Web“ und „Seminar“. In den meisten Fällen sind Webinare Fort- oder Weiterbildungsveranstaltungen, bei denen Teilnehmer und Teilnehmerinnen inhaltliche Fragen stellen und sich intensiv mit Lehrenden austauschen können. Während bei Kongressen oft ein Livestream im Sinne eines Broadcast zum Einsatz kommt, steht bei der bidirektionalen Übertragung des Webinars die Interaktion im Fokus. Via Chatfenster oder in manchen Fällen auch mit Video und Ton wird Teilnehmern und Teilnehmerinnen aktive Partizipation ermöglicht. Webinare können sowohl hybrid als auch volldigital gut abgehalten werden. (Mildenberger & Burger, 2017, S. 145f)

Neben dem Fokus auf E-Learning werden Webinare aufgrund der Interaktivität auch gerne für Produktpräsentationen und Pressekonferenzen, eingesetzt. Technisch gesehen ist das Webinar eine Kombination aus einem Broadcast-Livestream und einer Videokonferenz. (Knoll, 2016a, S. 137)

Trotz gebotener Interaktivität hat sich gezeigt, dass die Aufmerksamkeitsspanne der Teilnehmer und Teilnehmerinnen bei maximal rund zwei Stunden liegt. Mit fortlaufender Dauer des Webinars werden Zuseher und Zuseherinnen immer unaufmerksamer. Der Vorteil der Dezentralität, wodurch Teilnehmer und Teilnehmerinnen vom Ort ihrer Wahl aus partizipieren können, hat gleichzeitig zum Nachteil, dass diese durch ihren Computer oder ihr Telefon abgelenkt werden. (Schulz, 2017, S. 177)

Videokonferenzen

Videokonferenzen können vom Wesen her als deckungsgleich zu physischen Besprechungen (das „M“ von MICE) z. B. in Unternehmen gesehen werden. Aufgrund der Digitalisierung der Kommunikation können so globale Teilnehmer und Teilnehmerinnen an einem virtuellen Tisch zusammenkommen und über bestimmte Sachverhalte diskutieren. Diese dürfen allerdings keine hohe Komplexität aufweisen, da das Format der Videokonferenz nicht darauf ausgelegt ist. Menschen können flexibel, zeit- und ortsunabhängig vernetzt werden, wodurch auch allfällige Reisekosten wegfallen. Die Videokonferenz kann sowohl volldigital als auch hybrid durchgeführt werden. Bei der digitalen Variante sind sämtliche Teilnehmer und Teilnehmerinnen vor einem eigenen Endgerät. Neben der klassischen bidirektionalen Übertragung von Video und Ton ist die Abhaltung in ganzen virtuellen Realitäten möglich. In der hybriden Variante befindet sich zumindest ein Teil der Teilnehmer und Teilnehmerinnen an derselben Lokalität. In diesem Fall wird oft auf eine Panoramaansicht des Konferenzraumes zurückgegriffen, um Mimik und Gestik sämtlicher beteiligten Personen zu erfassen. (Mildenberger & Burger, 2017, S. 147)

Digitale Messen

Bei der digitalen Messe geht es darum, die konventionelle Messe um eine digitale Marketingveranstaltung zu erweitern. Messen haben sich in jüngerer Vergangenheit zunehmen von reinen Verkaufsveranstaltungen zu Kontaktplattformen entwickelt. Ein Umstand, der auch in der digitalen Konzeptionierung bedacht werden muss. Auf digitalen Messeplattformen wird versucht, dem User und der Userin die Navigation so einfach wie möglich zu gestalten. Analog zum Messestand, der Messehalle und der Konferenzbühne gibt es meist eine gleich lautende Navigation oder auch eine virtuelle Umgebung innerhalb der Software. Auch wenn die digitale Messe das persönliche Treffen und den haptischen Eindruck eines Produktes nicht vermitteln kann, ist durch die ermöglichte Kommunikation eine erste Geschäftsanbahnung und die Vereinbarung eines Folgetreffens meist das Ziel. Da die Kommunikation und die Bereitstellung von Informationen im Fokus stehen und die digitalen „Messebesucher“ schnell und direkt Informationen erwarten, hat man sich bereits vor Jahren von 3D-Umgebungen und Gamification entfernt. Die Messeplattform muss für ein positives Erlebnis optisch ansprechend gestaltet sein. Inhalte sollen im Vordergrund stehen, nicht eine virtuelle Realität zum „Spielen“. Anstatt Gespräche und Beratungen physisch am Messestand zu führen, treffen Aussteller und Ausstellerinnen auf Besucher und Besucherinnen am digitalen Ausstellerstand via Videokonferenzen. Die Kongressbühne wird digitalisiert, Fachvorträge über Webinar- und Livestream-Lösungen übertragen. Auch der Messestand der Aussteller selbst wird digitalisiert. Durch Bereitstellung von multimedialen Inhalten sowie Präsentationen via Webinar und Livestream wird Besuchern und Besucherinnen ein immersives Erlebnis geboten. (Schulz, 2017, S. 180ff)

Schon in unserem nächsten Beitrag befassen wir uns näher mit den technischen Voraussetzungen für Events. Welche Ausstattung wird benötigt? Auf was muss ich achten?


Dams, C. M., & Luppold, S. (2016). Hybride Events: Zukunft und Herausforderung für Live-Kommunikation. Springer-Verlag.

Holzbaur, U. (2016). Events nachhaltig gestalten. Springer Fachmedien Wiesbaden.

Knoll, T. (2016a). Digital Reality meets Live Event: Hybride Veranstaltungsformate – eine technik-soziologische Näherung. In T. Knoll (Hrsg.), Neue Konzepte für einprägsame Events: Partizipation statt Langeweile—Vom Teilnehmer zum Akteur (S. 125–146). Springer Fachmedien.

Knoll, T. (2016b). Partizipation: Vom Teilnehmer zum Teilhaber. In T. Knoll (Hrsg.), Neue Konzepte für einprägsame Events: Partizipation statt Langeweile—Vom Teilnehmer zum Akteur (S. 1–11). Springer Fachmedien.

Luppold, S. (2021). Neo-hybride Events – real und virtuell im Post-Corona-Mix. In S. Luppold, W. Himmel, & H.-J. Frank (Hrsg.), Berührende Online-Veranstaltungen: So gelingen digitale Events mit emotionaler Wirkung (S. 13–25). Springer Fachmedien.

Mildenberger, T., & Burger, M. (2017). Digitale, virtuelle und hybride Konferenzformate. In C. Bühnert & S. Luppold (Hrsg.), Praxishandbuch Kongress-, Tagungs- und Konferenzmanagement: Konzeption & Gestaltung, Werbung & PR, Organisation & Finanzierung (S. 139–159). Springer Fachmedien.

Ostermayer, K. (2017). Veranstaltungstechnik. In C. Bühnert & S. Luppold (Hrsg.), Praxishandbuch Kongress-, Tagungs- und Konferenzmanagement: Konzeption & Gestaltung, Werbung & PR, Organisation & Finanzierung (S. 689–704).

Röthlisberger, S. (2017). Erlebnisse mit Format. In C. Bühnert & S. Luppold (Hrsg.), Praxishandbuch Kongress-, Tagungs- und Konferenzmanagement: Konzeption & Gestaltung, Werbung & PR, Organisation & Finanzierung (S. 77–85). Springer Fachmedien.

Schulz, M. (2017). Digitale Events und Messen: Gestern noch Theorie – heute schon Wirklichkeit. In T. Knoll (Hrsg.), Veranstaltungen 4.0: Konferenzen, Messen und Events im digitalen Wandel (S. 171–194). Springer Fachmedien.

Surendernath, A., Sharma, G., Schroeder, R., & Pandey, B. K. (2012). Mixing real and virtual conferencing: Lessons learned. 2012 IEEE Virtual Reality Workshops (VRW), 79–80.

Zanger, C. (2022). Herausforderungen an die Event- und Messeforschung im Kontext der Corona-Krise. In C. Zanger (Hrsg.), Events und Wege aus der Krise (S. 23–43). Springer Gabler, Wiesbaden.

Beitrag veröffentlicht von:

Christopher Zajac, MSc

Geschäftsführer & Partner bei oneand.online